Unsere erschreckende Abhängigkeit von toxischen Personen

Unsere erschreckende Abhängigkeit von toxischen Personen

Je älter ich werde, desto öfter fällt mir auf:
Viele Menschen sind in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einer toxischen Person gefangen.

Jeder weiss, dass mit dieser Person etwas nicht stimmt.
Alle spüren, dass ihr Verhalten nicht akzeptabel ist.
Und trotzdem – niemand wagt, etwas dagegen zu tun.

Das Muster zieht sich durch alle Lebensbereiche:

  • In Familien, wo ein einzelnes Mitglied alle anderen dominiert.

  • Im Beruf, wo Teammitglieder oder Vorgesetzte andere klein machen.

  • In der Politik, wo ganze Staaten unter einer einzigen Figur leiden.

Unzählige Menschen ertragen widerstandslos, was nicht hinnehmbar ist.
Und das, obwohl sie zusammen oder sogar allein stärker wären.
Warum also lassen wir es zu?

Vielleicht, weil wir an erlernter Hilflosigkeit leiden? Wir könnten uns eigentlich wehren, doch wir sehen die Möglichkeiten gar nicht mehr.
Vielleicht, weil wir die toxische Person überschätzen und ihren möglichen Schaden grösser malen, als er ist?
Oder vielleicht, weil Macht tatsächlich ungerecht verteilt ist – und ausser Kontrolle?

Doch was ist eigentlich wahre Macht?

Als Kind hatte ich eine Gruppe Zwergkaninchen.
Und ich konnte jeweils beobachten, wie ihre Rangordnung entstand.
Interessant war dabei für mich: Es war nicht automatisch das grösste, stärkste Tier, das die Führung übernahm.
Sondern der Frechste. Der kleine, unverschämte Giftzwerg, der alle anderen im Griff hatte.
Und die grösseren, stärkeren Kaninchen liessen es sich gefallen.
Nicht, weil sie schwächer waren – sondern weil es einfach nicht in ihrem Charakter lag, zurückzuschlagen.

Und je älter ich werde, desto öfter erinnert mich das menschliche Miteinander an diese Kaninchengruppe.
Ein einziger Giftzwerg kann ein ganzes Rudel kontrollieren –
wenn die Starken vergessen, wie stark sie eigentlich sind.

Gender und die Rückkehr der Stereotype

Gender und die Rückkehr der Stereotype

Ich frage mich in letzter Zeit, ob die Gender-Debatte nicht genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich wollte. Statt mehr Verständnis, mehr Schutz und mehr Freiheit scheint die Diskriminierung zuzunehmen – für Frauen, für Homosexuelle, für Trans- und non-binäre Menschen.

Das Anliegen wäre gut: Benachteiligte Gruppen sichtbar machen, ihnen Raum geben, Diskriminierung abbauen.

Doch die Realität? Immer öfter lese ich von Anfeindungen. Frauen, die nicht ins Barbie-Ideal passen – z.B. kurze Haare, kräftige Statur – werden auf Damentoiletten schräg angeschaut, sogar angefeindet – weil man sie für Männer hält, die sich einschleichen. Noch vor wenigen Jahren war das kein Thema. Jetzt wird ihr Frausein plötzlich misstrauisch beäugt, als müsste man Beweise vorlegen, was zwischen den Beinen ist. 

Auch Männer spüren den Druck. Schon Herbert Grönemeyer hat gefragt: Wann ist ein Mann ein Mann? Die Antworten, die junge Männer heute in den sozialen Medien finden, sind oft radikal – und alles andere als befreiend.

Ironischerweise scheint die hitzige Gender-Debatte ein sehr enges, altmodisches Frauen- und Männerbild zu zementieren.

  • Für Frauen: Zierlich, lange Haare, geschminkt, möglichst gefällig. Wer dem nicht entspricht, steht unter Verdacht.
  • Für Männer: Ein knallharter Muskelprotz mit viel Geld muss man sein, um dazuzugehören.

Am Ende läuft es auf die uralten Klischees hinaus: Die Frau reduziert zur Gebärmaschine, der Mann degradiert zum Bancomat. Und jene, die in keine dieser Schubladen passen, stehen noch stärker im Feuer des Hasses und der Gewalt. Genau diese Stereotypen wollten wir doch eigentlich überwinden.

Haben wir das Ziel verfehlt? Statt Ermächtigung scheint eine Welle der Erniedrigung über jene hereinzubrechen, die wir eigentlich schützen sollten. Oder könnte es sein, dass es sich hierbei um das berühmte Aufbäumen vor dem Fall handelt? Ein letztes, schrilles Zucken der alten Stereotype - bevor sie endgültig verschwinden?

Klar ist: Die Dauerpräsenz in Medien und Politik ist definitiv nicht nur Schutzschild, sondern auch Brandbeschleuniger für Hass. Deshalb sollte der Scheinwerfer der Aufmerksamkeit immer verantwortungsvoll eingesetzt werden.

Frieden ist out

Frieden ist out

Neulich war ich auf Geschenkejagd. Das Geburtstagskind hatte einen ganz simplen Wunsch: „Ruhe und Frieden.“
Na also, dachte ich – leicht gemacht.

„Ruhe“ war schnell besorgt: Ein Tee mit der Aufschrift Ruhe. Zack, erledigt.
Jetzt noch Frieden. Sollte ja kein Problem sein. Dachte ich.

Aber dann: Fehlanzeige. 
Kein Schlüsselanhänger mit Peace-Zeichen. Keine Postkarten. Keine Sticker. Keine T-Shirts. Keine bunten Brillen. Keine Flaggen. Nichts. Wo sind all die Produkte mit dem Peace Zeichen hin? Früher war doch alles voll damit.

Stattdessen stapeln sich Produkte mit Namen wie Energy, Jungle, Anarchy.
Kosmetik, Drinks, Klamotten – alles da. Aber Peace? Nicht verfügbar.

Erst nach langem Suchen stiess ich doch noch auf einen kleinen Restbestand: Love & Peace Gummibärchen.
Immerhin.

Und da habe ich mich gefragt:
Wenn Frieden nur noch als Restposten im Regal steht – was sagt das über unsere Zeit? Dass es für Frieden offenbar keine grosse Nachfrage mehr zu geben scheint?

Vielleicht ist Frieden wirklich out. Vermutlich nicht nur als Produkt. Sondern leider auch als Haltung.

Nicht zurücklehnen! – Das ungeschriebene Gesetz der Flugzeugkabine

Nicht zurücklehnen! – Das ungeschriebene Gesetz der Flugzeugkabine

Kaum hat das Flugzeug abgehoben, beginnt das Spiel: Die Sitzlehnen-Lotterie.
Man hat 2 Stunden Schlafdefizit, einen Nacken, der schon beim Einsteigen knackt, und einen Bildschirm im Vordersitz, der sich im 45-Grad-Winkel auch wunderbar als Kinnstütze eignen würde. Und da ist sie: die kleine silberne Taste an der Armlehne. Sie lockt. Sie flüstert: „Drück mich! Lehn dich zurück, entspann dich, geniesse den Flug.“

Doch wehe, man tut es.

Denn in der ungeschriebenen Flugzeugverfassung, Artikel 1, steht: „Du sollst die Lehne niemals nach hinten stellen.“
Warum? Weil man sonst den Sitznachbarn hinter sich in eine Art Tetris-Endlevel zwingt: Knie, Laptop, Plastiktablett – alles wird zu einem verzweifelten Architekturprojekt.

Aber mal ehrlich: Wieso gibt es überhaupt diese Funktion, wenn man sie nicht benutzen soll? Das ist, als würde man in einem Restaurant Messer auf den Tisch legen und dann alle empört rufen, wenn jemand sein Steak damit schneidet.

Vielleicht sollten Airlines es einfach ehrlich lösen. Statt Knöpfen baut man rote Aufkleber an die Rückenlehne: „Diesen Sitz dürfen Sie nach hinten stellen, wenn Sie den Hass von 250 Passagieren ertragen.“

Oder man führt Bonuskarten ein: Nach fünf absolvierten Flügen ohne Lehnenbewegung bekommt man von der Crew eine kleine Medaille „Heldin der Rückenfreiheit“.

Bis dahin bleibt es beim absurden Ritual: Wir sitzen kerzengerade, mit eingeklemmten Knien und müden Nacken, in der Angst, das Tabu zu brechen. Und währenddessen fliegt das Flugzeug durch die Lüfte, von einem Land ins andere, von einer Kultur zur nächsten – aber in der Kabine herrscht überall die gleiche Regel:

Nicht zurücklehnen!