Kaum hat das Flugzeug abgehoben, beginnt das Spiel: Die Sitzlehnen-Lotterie.
Man hat 2 Stunden Schlafdefizit, einen Nacken, der schon beim Einsteigen knackt, und einen Bildschirm im Vordersitz, der sich im 45-Grad-Winkel auch wunderbar als Kinnstütze eignen würde. Und da ist sie: die kleine silberne Taste an der Armlehne. Sie lockt. Sie flüstert: „Drück mich! Lehn dich zurück, entspann dich, geniesse den Flug.“
Doch wehe, man tut es.
Denn in der ungeschriebenen Flugzeugverfassung, Artikel 1, steht: „Du sollst die Lehne niemals nach hinten stellen.“
Warum? Weil man sonst den Sitznachbarn hinter sich in eine Art Tetris-Endlevel zwingt: Knie, Laptop, Plastiktablett – alles wird zu einem verzweifelten Architekturprojekt.
Aber mal ehrlich: Wieso gibt es überhaupt diese Funktion, wenn man sie nicht benutzen soll? Das ist, als würde man in einem Restaurant Messer auf den Tisch legen und dann alle empört rufen, wenn jemand sein Steak damit schneidet.
Vielleicht sollten Airlines es einfach ehrlich lösen. Statt Knöpfen baut man rote Aufkleber an die Rückenlehne: „Diesen Sitz dürfen Sie nach hinten stellen, wenn Sie den Hass von 250 Passagieren ertragen.“
Oder man führt Bonuskarten ein: Nach fünf absolvierten Flügen ohne Lehnenbewegung bekommt man von der Crew eine kleine Medaille „Heldin der Rückenfreiheit“.
Bis dahin bleibt es beim absurden Ritual: Wir sitzen kerzengerade, mit eingeklemmten Knien und müden Nacken, in der Angst, das Tabu zu brechen. Und währenddessen fliegt das Flugzeug durch die Lüfte, von einem Land ins andere, von einer Kultur zur nächsten – aber in der Kabine herrscht überall die gleiche Regel:
Nicht zurücklehnen!